„Finde deine Berufung.“ „Bei uns bekommst du deinen Traumjob, der dich erfüllt.“
Das sind nur einige Sätze die Unternehmen oder Recruiter sich zunutze machen, um Menschen zu ködern. Es ist en vogue einen Job zu haben, welcher der eigenen Leidenschaft entspricht, oder aber dem persönlichen Talent. Ist es notwendig, dass meine Arbeit all meine Bedürfnisse erfüllt? Reicht es nicht, einer Tätigkeit nachzugehen, die man gut kann und die zur Erhaltung des Lebensstandards beiträgt? Kann man nicht auch einfach so glücklich und zufrieden sein?
Was bedeutet Sinnerfüllung im Job?
Sinnerfüllung beschreibt, dass man sich, als Teil eines größeren Ganzen begreift, das eigene Leben als bedeutend und zusammenhängend erkennt und sich zudem über dessen ungefähre Ausrichtung im Klaren ist.¹ Menschen, die ihre Arbeit als sinnvoll erleben, arbeiten engagiert und qualitätsorientiert.² In einer Studie fragten sich die Autoren, welche Faktoren im Einzelnen eine Arbeit sinnvoll macht. Dafür entscheidend sind unter anderem die gelebten Werte eines Unternehmens, die Merkmale der Arbeitsaufgaben sowie die Eignung der Person in Bezug auf die Tätigkeit.³
Die Wissenschaftler:innen identifizierten vier Kernaspekte, welche sowohl den Job, als auch das eigene Leben als sinnvoll erscheinen lassen. Des Weiteren bilden sie das Fundament für eine Sinnerfüllung im Job: Kohärenz, Zielorientierung, Bedeutsamkeit und Zugehörigkeit.
- Kohärenz wird dann empfunden, wenn eine Person sich mit ihrer Rolle und den Arbeitstätigkeiten identifizieren kann. Bestenfalls passen der Job und das Unternehmen zu den persönlichen Zielen, Aufgaben und zur Persönlichkeit.
- Die Zielorientierung wird maßgeblich von den Normen und Werten des Unternehmens beeinflusst. Die Unternehmungsleitung gibt diese vor. Handelt diese Instanz nicht vertrauenswürdig, kann dies zu einer Einbuße im Sinn erleben.
- Die Bedeutsamkeit einer Tätigkeit wird anhand der Konsequenzen und Auswirkungen der Arbeitshandlungen sichtbar. Kann die Person einen positiven Einfluss aufnehmen? Falls ja, geht dies mit einem Gefühl der Bedeutsamkeit sowie Autonomie und Kompetenz einher.
- Die Zugehörigkeit in einer Firma erschöpft sich aus der kollegialen Gemeinschaft. Das Gefühl der Verbundenheit trägt zu einer höheren Bindung ans Unternehmen bei und die Arbeit wird als sinnstiftend erachtet.
Eine andere Studie zeigte, dass Arbeitsengagement und Sinnerleben eng miteinander verknüpft sind. Ein Mensch, der seine Tätigkeit als sinnerfüllend betrachtet, ist motiviert, sich für diese mit Hingabe und Vitalität einzusetzen. Auch hier spielt die erlebte Bedeutsamkeit eine maßgebliche Rolle.⁴
Lösungsansätze
Wie kann nun die konkrete Umsetzung aussehen, um diese vier Kernaspekte zu erreichen? Ein Jobwechsel ist nicht immer zwangsläufig vonnöten. Zunächst sollte man sich fragen, welche der derzeitigen Aufgaben den eigenen Fähigkeiten entsprechen und ob diese noch vertieft oder ausgeweitet werden können. Das kann beispielsweise durch eine Arbeit an einem Projekt realisiert werden. Oftmals ist es sinnvoll das eigene Potenzial mit der Leitungsperson zu besprechen. Abläufe, die überflüssig oder sinnlos erscheinen, können auch zu Frustration führen. Ein simples Weglassen dieser Aufgaben kann schon zu einem besseren Gefühl beitragen. Kann man diese Aufgaben nicht selbstbestimmt wegrationalisieren, sollte dieser Optimierungsbedarf schriftlich festgehalten und den zuständigen Personen mitgeteilt werden. Schlussendlich bietet es sich an, die eigenen Werte und inneren Antreiber zu identifizieren. Diese kann man dann mit denen des Unternehmens abgleichen. Das kann unter Umständen zeitaufwendig sein, die Erkenntnisse sind es jedoch allemal wert. Sollten die Abweichungen zu groß sein, lohnt es sich in diesem Fall darüber nachzudenken den Job zu wechseln.
Ein Jobwechsel ist keine Option und ein Gespräch mit der vorgesetzten Person ist wenig vielversprechend? Schlussendlich ist es nicht erforderlich, die eigene Sinnerfüllung im Job zu finden. Die vier Kernaspekte, die das eigene Leben sinnvoll erscheinen lassen, können auch durch andere Sachen, wie beispielsweise die Ausübung eines Ehrenamtes, erreicht werden.
Fazit
Niemand sollte gezwungen sein einen Job auszuüben, der nicht den Fähigkeiten entspricht oder aber bei einem Unternehmen zu arbeiten, dessen Werte man nicht vertritt. Die Beantwortung der Sinnfrage im Job, ist viel weniger das Ausüben des vermeintlichen Traumjobs, sondern das eigene Sinn Erleben am Arbeitsplatz. Es ist demnach eine individuelle Antwort, die nicht zwangsläufig auf den ersten Blick ersichtlich ist. Zudem besteht das Leben aus vielen unterschiedlichen Bereichen, die man mit Dingen füllen kann, die zur eigenen erlebten Sinnerfüllung beitragen.
¹ Schnell, T. (2016). Psychologie des Lebenssinns. Springer: Heidelberg, Berlin, New York.
² Roth, S. (2014). Sinn im Beruf. Abgerufen am 01.09.2022, von https://www.sinnforschung.org/archive/2299
³ Schnell, T., Hoege, Th., & Pollet, E. (2013). Predicting Meaning in Work: Theory, Data, Implications. The Journal of Positive Psychology. DOI: 10.1080/17439760.2013.830763.
⁴ Höge T. & Schnell T. (2012). Kein Arbeitsengagement ohne Sinnerfüllung. Eine Studie zum Zusammenhang von Work Engagement, Sinnerfüllung und Tätigkeitsmerkmalen. Wirtschaftspsychologie, 2012(1), 91-99, Retrieved from https://www.uibk.ac.at/psychologie/mitarbeiter/schnell/docs/hoege_schnell_arbeitsengagement_sinnerfuellung.pdf